Ratgeber

Wertvoll: Vollwert


In den verschiedenen Regionen der Erde wird überall etwas anderes gegessen. Was uns fremd oder gar unappetitlich erscheint, ist den Einheimischen ein Genuss. Während einer Auslandsreise sind viele Menschen eher bereit, neue Speisen zu probieren, als zu Hause.
Auch bei uns gibt es verschiedene Ernährungsformen. Oft spielen gesundheitliche Gründe eine Rolle, aber auch religiöse, ethische, ökonomische und ökologische. Alternative Ernährungsformen sind meist Teil einer Weltanschauung; mit einfachen Anweisungen und nachvollziehbaren, aber nicht immer richtigen Erklärungen ausgestattet, können sie Menschen oft leichter überzeugen als die offizielle Gesundheitsberatung. Ein höherer Sinn und höhere Ziele erleichtern es den Anhängern, sich umzustellen und auf gewohnten „Genuss“ zu verzichten.
Insofern ist es wünschenswert, dass gute Ernährungsweisen mit anderen Zielen und Zwecken verknüpft werden, damit sie auch von jenen Menschen angenommen werden, die (noch) nicht gesundheitliche Aspekte über alles setzen.
So gab es zu allen Zeiten und in allen Ländern Vegetarier. Inzwischen wurde auch wissenschaftlich überprüft, welche Vor- oder Nachteile damit verbunden sind. Mehrere Studien haben gezeigt, dass vegetarische Kostformen, die auch die tierischen Produkte Milch und Eier einschließen, in vieler Hinsicht besser als die übliche Ernährungsweise sind. Sie entsprechen weitgehend den Anforderungen an eine Ernährung, die das Krebsrisiko vermindert.
Eine Vegetarier-Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg ermittelte, dass Vegetarier länger leben und gesünder sind; speziell das Sterberisiko durch Herz-Kreislaufkrankheiten und Krebs der Verdauungsorgane ist niedriger. Die „Vegetarierstudie“ des Bundesgesundheitsamtes in Berlin hat bescheinigt, dass eine überwiegend pflanzliche Ernährung die Gesundheit fördert. Weil sie kein Fleisch und keinen Fisch essen, erhalten Vegetarier aber weniger Jod und weniger Vitamin B12. Eine regelmäßige Fischmahlzeit sowie gelegentlicher Fleischverzehr verbessern die Versorgung mit diesen Nährstoffen, ohne die gesundheitlichen Vorteile vegetarisch betonter Ernährung zu schmälern.
Kürzlich wurde auch „Vollwert-Ernährung“ unter die Lupe genommen. Dabei stellte sich heraus, dass Anhänger der Vollwert-Ernährung mehr Milchprodukte, Käse und Quark, Vollkornbackwaren, Getreidespeisen und Gemüse essen als Anhänger der „bürgerlichen Küche“. Außerdem nehmen sie erheblich mehr Frischobst, Trockenobst, Nüsse, Soja- und Hefeprodukte sowie Kaffee-Ersatz und Kräutertee zu sich. Dafür essen sie weniger Fleisch und Wurst, weniger Zucker und Süßstoffe und trinken weniger süße Getränke, Bohnenkaffee und Alkohol. Dies wirkt sich entsprechend auf die Nährstoffversorgung aus: Vollwert-Ernährung kommt den Anforderungen an eine bedarfsgerechte und gesunderhaltende Ernährung näher als unsere übliche „Zivilisationskost“.
Vollwertige und bedarfsgerechte Ernährung bedeutet, dass die Nahrung alle Nährstoffe, die der Mensch zum Leben braucht, in entsprechender Menge enthält. Gleichzeitig soll sie möglichst frei von Fremd- oder Schadstoffen sein. W. Kollath prägte schon in den 40er Jahren den Begriff „Vollwert“ der Nahrung. Er wies darauf hin, dass die Verarbeitung von Lebensmitteln meistens eine Wertminderung darstellt. Der natürliche Gehalt an wertgebenden Inhaltsstoffen wird oft verringert, und von der landwirtschaftlichen Erzeugung bis zur industriellen Verarbeitung gelangen absichtlich und unabsichtlich Stoffe in das Lebensmittel, die unerwünscht sind. Auch die übertriebene Verfeinerung wirkt sich ungünstig aus. Heute propagieren C. Leitzmann und Mitarbeiter die moderne Vollwert-Ernährung als eine Kostform, die erheblich zur Verbesserung der Ernährungs- und Gesundheitssituation beitragen kann.
Leitzmann wies schon vor einigen Jahren darauf hin, dass frische Lebensmittel eine Fülle von Substanzen enthalten, deren mögliche günstige Wirkungen noch nicht erforscht seien. Inzwischen bestätigt sich diese Annahme zum Beispiel für die sekundären Pflanzenstoffe.
Er teilt die Lebensmittel in Wertstufen ein:
■ sehr empfehlenswert
unerhitzte Lebensmittel, zum Beispiel Frischkornmüsli, rohes Gemüse, rohes Obst, Keimlinge, Nüsse, Samen, kaltgepresste unraffinierte Öle, ungehärtetes Kokosfett, Vorzugsmilch, natürliches Mineralwasser; erhitzte Lebensmittel, zum Beispiel Vollkornbrot (nicht Schwarzbrot), gekochte Getreidegerichte, erhitztes Gemüse, Gemüse und Obstsäfte, gekochte Kartoffeln und Hülsenfrüchte, ungehärtete Pflanzenmargarine mit hohem Anteil an Kaltpressölen, pasteurisierte Milch und Milchprodukte, Butter (mäßige Menge), Fisch, Eier, Fleisch (in mäßigen Mengen), Kräuter- und Früchtetee, Getreidekaffee (in mäßigen Mengen),
■ weniger empfehlenswert
stark verarbeitete Lebensmittel (nicht täglich verzehren), zum Beispiel Gebäck aus Auszugsmehl, Weißbrot, Graubrot, weißer Reis, Gemüse- und Obstkonserven, Fruchtnektare, Kartoffelprodukte, raffinierte Fette und Öle, H-Milch, Milchpulver, Fleisch- und Wurstwaren, Fleischkonserven, schwarzer Tee, Bohnenkaffee, Bier, Wein,
■ nicht empfehlenswert
übertrieben verarbeitete Lebensmittel und Präparate (möglichst vermeiden), zum Beispiel alle Zuckerarten in „reiner“ Form, reine Speisestärke, isolierte Proteine und Ballaststoffe, künstliche Süßstoffe und andere mehr sowie Produkte daraus, zum Beispiel Süßigkeiten, Limonaden, Cola-Getränke, Instantgetränke; ferner Spirituosen und Innereien.
Die Einteilung in Lebensmittel-Wertstufen basiert auf der Erkenntnis, dass mit der Verarbeitung der Gehalt an lebensnotwendigen Nährstoffen häufig sinkt, während der Energiegehalt meist steigt. Haushaltszucker als Beispiel für ein hochverarbeitetes Nahrungsmittel liefert nur Energie, aber keine Vitamine, Mineralstoffe und sekundären Pflanzenstoffe.
Das Verhältnis der lebensnotwendigen Nährstoffe zum Energiegehalt eines Nahrungsmittels ist die Nährstoffdichte. Wenn es gilt, Übergewicht zu vermeiden und die Abwehrkräfte zu steigern, sollte die Nährstoffdichte möglichst hoch sein.
Daraus ergeben sich folgende praktische Grundsätze:
■ Stellen Sie Getreide und Getreideprodukte aus Vollkorn in den Vordergrund.
■ Bevorzugen Sie pflanzliche Lebensmittel, einen Teil davon als unerhitzte Frischkost.
■ Betrachten Sie frische Milchprodukte als wichtigen Bestandteil der Kost.
■ Verwenden Sie Fisch, Fleisch und Eier als gelegentliche „Beilage“.
■ Verwenden Sie wenig verarbeitete Fette und Öle wie Butter, hochwertige Pflanzenöle und  Margarine.
■ Meiden Sie isolierte Zucker und damit hergestellte Produkte und Speisen.
■ Verzehren Sie Genussmittel bewusst und sparsam (Alkohol, Coffein).
Weiterhin empfiehlt sich:
■ Verzehren Sie zuerst die rohe, dann die gekochte Nahrung.
■ Essen Sie nicht zu heiß und nicht zu kalt.
■ Essen Sie einfach und mäßig, aber abwechslungsreich.
■ Mehrere kleine Mahlzeiten sind günstiger als wenige große (Achten Sie trotzdem auf das Hungergefühl).
■ Nehmen Sie sich Zeit zum Essen und kauen Sie gründlich.

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