Wiederholt wurden hochdosierte Vitaminpräparationen, mit dem Ziel, verabreicht bestimmte Erkrankungen zu verhindern. In einer Arbeit der Cochrane Library wurden 20 randomisierte klinische Studien mit insgesamt 211.818 Beteiligten verglichen. In der Behandlungsgruppe erhielten die Teilnehmer, bei denen es sich um Personen mit einem erhöhten Risiko für Tumoren des Magen-Darm-Traktes handelte, in unterschiedlichen Kombinationen und in unterschiedlicher Dosierung Beta-Carotin, die Vitamine A, C und E und auch Selen. Im Gesamtzeitraum wurden die Anzahl aufgetretener Tumoren sowie die Gesamtsterblichkeit der Teilnehmer und einer Kontrollgruppe registriert. Antioxidativ wirksame Vitamine bedingten keinen positiven Effekt. Einen gewissen Schutz konnte man nur für die Selengabe beobachten. Auch hier wies man darauf hin, dass die Zahlen der Bestätigung bedürfen. Die Anzahl der Todesfälle in der Vitamingruppe überraschte. Sie lag bei 14 %, in der Kontrollgruppe bei 11,2 %. Die Autoren weisen eindringlich darauf hin, dass ein gesundheitsschädigender Effekt antioxidativ wirksamer Vitamine nicht auszuschließen ist, und empfehlen, antioxidativ wirksame Nahrungsergänzungsmittel als Pharmaka einzustufen und sie dem Arzneimittelgesetz zu unterstellen.
Bei einer in Norwegen durchgeführten Studie, bei der Vitamin-B-Präparate und Folsäure zusätzlich zur üblichen Therapie eingesetzt wurden (mit dem Ziel, die Re-Infarktraten zu senken), ergaben sich keine positiven Ergebnisse. Derartige Vitaminkombinationen werden vor allem bei Patienten mit erhöhten Homocystein Werten im Blut gegeben. Die erhöhten Werte sollen so normalisiert und das Infarktrisiko gesenkt werden. Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, nachdem sich in einer anderen norwegischen Studie Hinweise auf einen negativen Effekt einer Folsäure-Vitamin-B-Substitution ergeben hatten.
Zum gleichen Ergebnis kam eine 2008 veröffentlichte, über sieben Jahre hinweg durchgeführte Studie (SEARCH-Studie). Auch hier war die Vitamin-B-Substitution ohne positiven Effekt. 2017 wurde eine Beobachtungsstudie mit Daten von mehr als 77.000 Männern und Frauen publiziert. Teilnehmer hatten als Einzelpräparate Vitamin B6 oder Vitamin B12 in höheren als von den US-Gesundheitsbehörden empfohlenen Mengen im Schnitt zehn Jahre lang eingenommen. Bei Männern verdoppelte sich die Anzahl an Lungenkrebserkrankungen, wurde geraucht verdrei- (B6) bzw. vervierfachte (B12) sie sich.
Den definitiven Abgesang der Vitaminsubstitution ergaben bereits die 2008 publizierten Ergebnisse der Physicians Health Study II. Nahezu 15.000 über 50-jährige US-Ärzte hatten durchschnittlich acht Jahre jeden zweiten Tag 400 mg Vitamin E und/oder 500 mg Vitamin C eingenommen. Sowohl die Kombination beider Vitamine als auch die Gabe als Einzelsubstanzen erbrachte kein positives Ergebnis. Die Rate an Herzkranzgefäß- und anderen arteriosklerotischen Erkrankungen sank nicht. Als Folge der Vitamin-E-Einnahme war es sogar zu einer erhöhten Anzahl an Hirnblutungen (Schlaganfällen) gekommen.
Selen war das Spurenelement, für das ein gewisser Schutz für die Entstehung von Tumoren als weitgehend gesichert galt. Insbesondere hinsichtlich der Verhinderung des Prostatakarzinoms galt es als wirksam. Auch hier sind Zweifel aufgekommen. 35.500 gesunde Männer erhielten mehr als fünf Jahre lang pro Tag 200 ug Selen oder Vitamin E, beide Substanzen oder ein Placebo. Die Untersuchung wurde 2008 gestoppt. Weder Vitamin E noch Selen senkte das Risiko für die Entstehung des Prostatakarzinoms. Andere Erkrankungen waren nicht vermehrt aufgetreten. Als Nachteil der Selensubstitution gilt: Es ist eine hochtoxische Substanz mit geringer therapeutischer Breite. Die Zufuhr erfolgt im Mikrogrammbereich. Im November 2011 wurden die Ergebnisse einer an 35.500 gesunden Männern aus den USA, Kanada und Puerto Rico durchgeführten Studie veröffentlicht. Sie hatten entweder Vitamin E oder ein Placebo erhalten. In der Vitamin-E-Gruppe war das Risiko für eine Prostatakarzinomerkrankung um 17 % erhöht.
2015 wurden in einer englischen Fachzeitschrift Daten aus den USA mitgeteilt. Von 2004 bis 2013 waren 3667 Notfälle in Krankenhäusern behandelt worden, die im direkten Zusammenhang mit der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln standen. 20% der Notfälle betrafen Kinder, die unbeabsichtigt u.a. Multivitaminpräparate eingenommen hatten. Hochgerechnet auf alle US-amerikanischen Krankenhäuser, entspräche dies 23.000 Notfallbehandlungen pro Jahr. In Deutschland gaben bei Befragungen zur nationalen Verzehrstudie (NVS) II 27,6 % der Befragten an, Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen.
Bedauerlicherweise bleiben alle Warnungen bislang weitgehend unbeachtet. Alle möglichen Vitamin- und Spurenelementcocktails werden von der Pharmaindustrie hergestellt und in Apotheken, von Discountern und in Supermärkten angeboten. Beim jetzigen Kenntnisstand kann man von einer unkontrollierten Einnahme nur abraten. Erfreulich sind neuere Untersuchungsergebnisse, bei denen die zusätzliche Einnahme der empfohlenen Tagesmengen an Vitaminen zwar ohne Nutzen war, aber auch keine Schädigungen bedingte.
Wer auf der sicheren Seite sein will, verzichtet auf diese Form der Nahrungsergänzung und erhöht seine Vitaminzufuhr durch eine gezielte Auswahl von Lebensmitteln. Eine krank machende Überzufuhr an Vitaminen ist beim Verzehr gängiger Lebensmittel praktisch ausgeschlossen. Hier muss man schon exotische Beispiele bemühen, wie den übermäßigen Verzehr von Eisbärleber, der tatsächlich zu einer Vitamin-A-Überdosierung führen kann. Bei Jugendlichen wurden in der NVS-II für eine Reihe von Vitaminen Zufuhrmengen deutlich über den Referenzwerten ermittelt. Negative Auswirkungen wurden nicht beobachtet.
Die zusätzliche Einnahme von Vitaminpräparaten ist nicht erforderlich. Die normale Mischkost versorgt uns mit allen lebenswichtigen Vitaminen. Lediglich bei extrem einseitiger Ernährung oder bei bestimmten schweren Erkrankungen kann die gezielte Verabreichung notwendig werden. Abzuraten ist von der ungezielten, hochdosierten, weit über dem Bedarf liegenden Einnahme von Vitaminen. Hier muss mit negativen Effekten gerechnet werden, einschließlich vorzeitiger Todesfälle. Eine neuere Untersuchung, bei der Vitamine in der Höhe der täglichen Empfehlung zusätzlich eingenommen wurden, führte zu keinen nachteiligen Wirkungen, erbrachte aber auch kein positives Ergebnis. Letztlich bedingt die Einnahme von Vitaminen einen teuren Urin. Ernsthaft diskutiert wird der positive Effekt einer regelmäßigen Vitamin-D-Substitution und der Sonnenlichtexposition.