Ratgeber

Probiotika

Anfang des letzten Jahrhunderts erregte der russische Forscher und Nobelpreisträger Elie Metchnikoff (1845 – 1916) mit der These einiges Aufsehen, die hohe Lebenserwartung der Bulgaren sei auf deren beachtlichen Konsum an Joghurt und Kefir zurückzuführen. Seiner Zeit voraus, vermutete er richtig, dass Milchsäurebakterien das Wachstum und die Ansiedlung von Krankheitserregern im Darm unterdrückten. Seit dieser Beobachtung nahm das Interesse an der Verwendung von Probiotika stetig zu. Die Popularität der Probiotika ist auch darauf zurückzuführen, dass sie praktisch keine unerwünschten Wirkungen zeigen.

Wie setzt sich die Darmflora zusammen?
Die Zusammensetzung der Darmflora– darunter versteht man alle im Darm lebenden Mikroorganismen, dabei hauptsächlich Bakterien – variiert zwischen den verschiedenen Darmabschnitten. Die Anzahl der Bakterien nimmt vom Magen in Richtung Dickdarm zu. Im Magen ist die Keimzahl zwischen den Mahlzeiten gering, da die Magensäure den Großteil der Bakterien abtötet. Eine wichtige Ausnahme bildet der Helicobacter pylori, jener Keim, der für die Entstehung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren maßgeblich verantwortlich gemacht wird. Er schützt sich vor der Magensäure, indem er Harnstoff zu zellschädigenden Substanzen umbaut, die bei der Entstehung des Geschwürs eine maßgebliche Rolle spielen.
Im Dickdarm ist die Keimzahl mit 1011 bis 1012 (also bis zu einer Billion) Keimen pro Gramm Darminhalt am höchsten, es finden sich hier zirka 400 verschiedene Bakterienarten. Unter normalen Umständen besteht ein ökologisches Gleichgewicht zwischen der Darmflora und dem Wirt. Dabei spielen Interaktionen zwischen den Bakterien und zwischen Bakterien und Wirt eine entscheidende Rolle. Die gesunde Darmflora hat wichtige Funktionen, dazu gehören:
• Verhinderung einer bakteriellen Fehlbesiedlung (wie etwa durch Salmonellen, die Durchfall verursachen) und Schutz vor Infektionskrankheiten
• Förderung der Darmbewegungen – diese schützen vor Verstopfung
• Stimulation des Immunsystems in der Darmwand – diese ist wichtig für die Abwehr von „Eindringlingen“
• Förderung des Stoffwechsels der Darmwand – vor allem durch Bildung von Nährstoffen für die Darmwand (kurzkettige Fettsäuren)

Was sind Probiotika?
Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die Lebensmitteln zugesetzt werden und durch Verbesserung des mikrobiellen (von Mikroben = Kleinstlebewesen) Gleichgewichts im Darm vorteilhafte Effekte auf den Menschen haben. Die meisten der heute verwendeten Probiotika gehören zu den milchsäureproduzierenden Laktobazillen und Bifidobakterien.
Probiotika müssen verschiedene Eigenschaften besitzen. Dazu gehören besonders:
• nicht krankheitserregend sein
• vorteilhafte Stoffwechselaktivitäten zeigen
• das Immunsystem stimulieren
• im sauren Magensaft nicht inaktiviert werden
• die Fähigkeit besitzen, sich an die Darmwand anzulagern
• im Darm zu wachsen bzw. sich zu vermehren
• dürfen keine Antibiotikaresistenzgene enthalten

Bei der Produktion der Probiotika verwendet man im allgemeinen einen Bakterienstamm. Das Hauptproblem besteht darin, eine möglichst große Zahl an lebensfähigen Bakterien zu erhalten. Untersuchungen ergaben, dass die höchste Wirksamkeit bei einer täglichen Zufuhr von 108 bis 109 (also einer Milliarde) Bakterien liegt. Unterstützt wird die Ansiedlung der probiotischen Keime durch die zusätzliche Verabreichung von unverdaulichen Kohlenhydraten wie Fruktooligosacchariden, die auch Präbiotika genannt werden. Diese dienen den probiotischen Keimen als Energiequelle. Präbiotika kommen in Spargel, Chicorée, Zwiebeln, aber auch im Joghurt vor.

Was sind potentielle wünschenswerte Wirkungen der Probiotika?
Über gesundheitsfördernde Wirkungen von Probiotika liegen zahlreiche Untersuchungen vor. Diese belegen oder lassen vermuten, dass Probiotika bei der Vermeidung (Prävention) und unter Umständen auch Therapie gewisser Erkrankungen wirksam sein können. Jedoch wurden viele der Untersuchungen bei Tieren durchgeführt, so dass die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen zum Teil eingeschränkt ist. Probiotika entfalten ihre Wirkung vorwiegend über eine Verdrängung bzw. Unterdrückung von potentiell krankheitserregenden Bakterien, die Förderung des Stoffwechsels im Darm sowie die Stimulation der Immunabwehr.
Die wichtigsten gesundheitsfördernden Wirkungen beim Menschen sind:
• Regeneration der Darmflora nach oder während einer Antibiotikatherapie
• Stimulation der Immunabwehr: Dabei konnten verschiedene Studien zeigen, dass durch eine Verabreichung von Laktobazillen oder Bifidobakterien die Vermehrung und Aktivität gewisser Zellen der Immunabwehr gesteigert wird.
• Vorbeugung von Allergien; dabei scheinen Probiotika insbesondere vor dem Entstehen frühkindlicher Allergien zu schützen.
• Schutz vor und Therapie bei Durchfallerkrankungen
• Vorbeugung vor Dickdarmkrebs – dies wurde allerdings bisher nur in vereinzelten Tierstudien gezeigt, ist daher beim Menschen noch fraglich.
• Unterstützung bei der medikamentösen Eliminierung von Helicobacter pylori
• Schutz vor Infektionen der weiblichen Geschlechtsorgane und des Harntraktes
• Bessere Aufspaltung von Milchzucker im Darm bei Laktoseintoleranz

Joghurts und Probiotika können die enzymatische Aufspaltung von Milchzucker im Darm bei Personen, die Milch- und Milchprodukte nicht vertragen, fördern. Dazu gehören in Mitteleuropa bis zu 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung. Durch diese Wirkung werden die begleitenden Symptome einer Laktoseintoleranz, wie etwa Völlegefühl, Blähungen und Durchfall, gelindert.
Übrigens: Damit Probiotika ihre Wirkungen gut entfalten können, sollten jeden Tag mindestens 200 g eines probiotischen Joghurts verzehrt werden. Ferner ist es wichtig, immer einen Joghurt mit dem gleichen Keim zu wählen, da noch unzureichend bekannt ist, ob Probiotika wirken, wenn unterschiedliche Bakterienstämme kombiniert werden.

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