Ratgeber

Gesunde Ernährung – was und wie?


Die Frage lässt sich sowohl wissenschaftlich wie auch aus der Verbraucherperspektive angehen. Eine große europäische Studie ist der Frage nachgegangen, was der Verbraucher bei seiner Ernährung am meisten fürchtet. In Deutschland liegen an Position 1 (70% der Befragten) Ängste vor Pestizidrückständen in Obst und Gemüse oder Rückstände in Fleischwaren; gefolgt von Quecksilber und Dioxinen in Fisch und Schweinefleisch. An vorletzter Stelle der Befürchtungen von 17 Fragen liegt: „Keine gesunde Ernährung zu haben“ mit nur 44%. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass in Ländern wie Spanien, Italien und Griechenland, also den Ländern der sogenannten gesunden mediterranen Kost, die Zahl der Verbraucher, die befürchten, keine gesunde Ernährung zu haben, weit über 50% liegt.
Für die Sicherheit unserer Lebensmittel sind die staatlichen Untersuchungsämter verantwortlich. Diese prüfen Lebensmittel aus dem In- und Ausland auf Rückstände und die Einhaltung von Grenzwerten. Im Jahresbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung aus dem Jahr 2004 wurden die Daten zusammengefasst. Demnach liegt die Zahl der Proben, bei denen Rückstände über dem erlaubten Wert festgestellt wurden, bei inländischem Obst und Gemüse zwischen 4 und 6% und bei ausländischer Ware zwischen 7 und 10%. Dies sollte nicht sein, wird jedoch erst dann gesundheitsbedenklich, wenn große Mengen der belasteten Lebensmittel über lange Zeit verzehrt werden, sodass die Grenzwerte überschritten werden. Darüber hinaus kommt es auf den jeweiligen Rückstand an und wie sich diese Substanz im menschlichen Körper verhält (Speicherung oder Ausscheidung bzw. Metabolisierung zu einer unschädlichen Substanz). Dennoch kann gelten, dass unsere Lebensmittel unter gesundheitlichen Aspekten sicher sind. Solange die kontinuierlich mitgeteilten Hygienebestimmungen für den Umgang mit Lebensmitteln beachtet werden (Keimbesiedlung an Huhn oder Salat, deshalb z. B. waschen bzw. durchgaren) müssen wir uns keine Sorgen machen.
Scheinbar definiert der Verbraucher gesunde Ernährung aus der Perspektive einer von jedweden Rückständen freien und möglichst nur an positiven Inhaltsstoffen reichen Kost. Das erinnert an paradiesische Zustände oder an den Apfel, der seinerzeit von einem Baum gepflückt wurde, der nicht auf Ertrag getrimmt war. Wenn wir aber auf der anderen Seite verlangen, dass jedes Lebensmittel zu jeder Zeit möglichst noch an jedem Ort in ausreichender Menge und möglichst preisgünstig zur Verfügung steht, sind die Produktionskriterien, die dazu notwendig sind, kaum geeignet, einen solchen paradiesischen Apfel wachsen zu lassen.
Betrachtet man die Ernährungslandschaft so werden genau diese Befürchtungen ständig mit neuen Mitteilungen unterhalten, und es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht wieder ein schädliches Gift in den meisten Fällen scheinbar Krebs auslösend, in irgendeinem Lebensmittel entdeckt wird. Organisationen wie Verbraucherschutz oder Food Watch tragen es schon in ihrem Namen, dass sie den Verbraucher schützen und die Lebensmittel beobachten wollen. Sie wollen uns nicht davor schützen, keine gesunde Ernährung zu haben, sondern sie wollen uns in durchaus guter Absicht davor schützen, dass Lebensmittel durch Belastungen ungesund sind.
So konnte man kürzlich lesen und hören, dass Grillen auf Aluminiumfolien den Aluminiumgehalt im gegrillten Lachs dramatisch erhöht. Zwar ist die Konzentration immer noch so niedrig, dass sie weder akut noch bei mehrfacher Anwendung bedenklich wäre, aber immerhin: Es war wieder ein Schadstoff entdeckt worden. Würde täglich Lachs gegessen, der auf Aluminiumfolie gegrillt wurde, dann wäre weniger der Aluminiumgehalt das Problem, sondern die einseitige Ernährung. Die Aluminiumfolie war seinerzeit eingeführt worden als „Heilmittel“ gegen das schon wieder vergessene Acrylamid, welches bei der Erhitzung in Kartoffelchips oder stark gebratenen Kartoffelprodukten entsteht. Große politische Kampagnen sind gestartet worden, um dieses scheinbare Gift aus unseren Lebensmitteln, besonders aus frittierten Kartoffeln, zu verbannen. Inzwischen spricht niemand mehr von diesem Gift und zwar aus gutem Grund. Nicht etwa weil es völlig unbedenklich wäre, sondern weil die Ursache zwar am Prozess des Frittierens lag, die hohen Acrylamidwerte jedoch durch das Alter und die Lagerung der Kartoffeln bedingt waren. Letzteres ließ sich einfacher und erfolgreicher ändern als die Zubereitung. Die Liste möglicher Schadstoff kann beliebig fortgesetzt werden und sicherlich wird auch in dieser und in der nächsten Woche wieder ein Schadstoff gefunden, der uns beunruhigen könnte. Wenn wir von gesunder Ernährung sprechen, so scheint es so zu sein, als würden wir gesunde Ernährung über die Reinheit der Lebensmittel definieren und weniger über die Zusammenstellung und den Abwechslungsreichtum unserer täglichen Kost.
Die Warnung vor Schadstoffen ist die eine Seite der Medaille. „Gesunde Ernährung“, die übertriebene Werbung für scheinbar besonders gesunde Lebensmittel (wie z. B. das aktuelle „Superfood“) ist die andere Seite. In gleichem Maße, wie Schadstoff scheinbar unserer Gesundheit schaden, werden hier Inhaltsstoff als Gesundheitsquelle angepriesen, die uns vor allem schützt, was unsere Gesundheit gefährden könnte.

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