Grundsätzlich gibt es keine »weiblichen« oder »männlichen« Sportarten. Frauen können die gleichen Sportarten ausüben wie Männer und tun dies auch weitgehend. Trotzdem gibt es charakteristische Unterschiede in der Psyche und den motorischen Voraussetzungen zwischen Frauen und Männern, wenngleich diese Unterscheidungen natürlich im Einzelfall durchbrochen werden können. Zum Teil sind solche Unterschiede auch soziokulturell bestimmt und beginnen sich in neuerer Zeit zunehmend zu verwischen. Gewisse biologisch bedingte grundsätzliche Unterschiede sollten jedoch nicht hinwegdiskutiert werden. Im Bereich der motorischen Grundeigenschaften ist die Frau dem Mann an Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit unterlegen, sie verfugt andererseits über eine größere Beweglichkeit und ein besseres Koordinationsvermögen.
Diese Unterschiede sind begründet in den verschiedenen biologischen Aufgaben von Mann und Frau, die sich im Körperbau widerspiegeln. Die aktive Muskelmasse der Frau ist deutlich niedriger als die des Mannes, da die Entwicklung der Muskulatur von dem männlichen Sexualhormon Testosteron abhängig ist. Schließlich sind Frauen viel weniger vom Selbstbeweis durch den Sieg in Wettspielen abhängig als Männer.
Aus diesen Grundgegebenheiten erklären sich zum Teil die Vorlieben von Frauen für Sportarten, die vor allem mit Gymnastik zu tun haben, ganz besonders in Verbindung mit künstlerischen Ausdrucksformen oder Musik, wie ganz allgemein Gymnastik, Fitnesstraining, Kunstturnen, Eiskunstlauf und andere. 1m Prinzip – dies gilt auch für Männer – bevorzugt jeder die Belastungsformen, in denen er von Haus aus leistungsfähiger ist. Frauen sind in den genannten Sportarten durch ihre bessere Beweglichkeit und ihr besseres Bewegungsgefühl im Vorteil. Dies soll auf keinen Fall bedeuten, dass die Frau aus denjenigen Sportarten ferngehalten werden sollte, in denen sie etwas schlechtere biologische Voraussetzungen mitbringt. Dies galt früher insbesondere für Ausdauersportarten. Mit dem Argument der geringeren Ausdauerleistungsfähigkeit der Frau wurde ihr beispielsweise lange die Teilnahme am Marathonlauf verwehrt. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass Frauen aufgrund ihres leichteren Körperbaus hier sogar relativ gute Grundbedingungen mitbringen. Die Rekorde der Frauen in diesem Bereich steigen ständig an. Auch Kraftsport, insbesondere in Form von Fitnesstraining, wird von vielen Frauen zunehmend gern betrieben, da er der Körperformung (»Body Shaping«) dient. Exzesse in der Muskelentwicklung, wie sie bei männlichen Bodybuildern beobachtet werden können, sind bei Frauen schon aufgrund des geringeren Anteils an männlichen Hormonen nicht zu befürchten. Auf keinen Fall sollten Frauen versuchen, mit solchen Hormonen, ganz besonders mit Anabolika, dem Muskelaufbau nachzuhelfen! Aus gesundheitlicher Sicht sind diese bisher genannten von Frauen bevorzugten Sportarten durchaus von Vorteil. Man muss keinesfalls jeder Frau zum Joggen raten, die lieber ein Fitnesstraining durchführt.
Ausdauersportarten sind für Frauen viel weniger dringend anzuraten als für Männer, da sie ein sehr viel niedrigeres Risiko für Herz- und Gefäß Erkrankungen, speziell für den Herzinfarkt, aufweisen, sofern keine sonstigen Risikofaktoren vorliegen, wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte oder Zigarettenrauchen. Dagegen leiden Frauen gerade im jüngeren Lebensalter häufiger als Männer unter Beschwerden, die auf einen niedrigen Blutdruck zurückgeführt werden können. Hier sind Kraftbelastungen wegen ihres blutdrucksteigernden Effekts sogar besonders günstig.
Wie sieht es für Frauen mit der Gefährdung durch Sportverletzungen aus? So wurden Emanzipationsbestrebungen von Frauen im Bereich Fußball häufig mit dem Verweis auf die mögliche Gefahrdung durch Verletzungen am weiblichen Körperbau abgeblockt. Selbstverständlich kann es bei der Frau beim Fußball zu Brustverletzungen kommen; die Möglichkeit der Verletzung im Genitalbereich hat jedoch Männer noch nie vom Fußball abgehalten! Die Verletzungsgefahrdung der Frau ist sogar geringer, weil ihr Krafteinsatz im Sport niedriger ist. Während anfangs der Damenfußball belachelt wurde, sind inzwischen Meisterschaftsspiele von Frauen schon sehr attraktiv geworden. Selbstverständlich wurde man Frauen von typischen »männlichen« Kampfsportarten wie Catchen oder Boxen abraten, dies sollte man aber auch Männern gegenüber tun!
Zusammenfassend kann festgesteuert werden, dass Frauen das gleiche Spektrum an Sportarten zur Verfügung steht wie Männern. Da sich ihre psychischen und physischen Grundlagen jedoch teilweise von denen der Männer unterscheiden, setzen Frauen bei der Wahl der Sportart oft andere Schwerpunkte. Dies ist aus gesundheitlicher Sicht durchaus zu begrüßen. Soweit Frauen den Bereich der »typischen Frauensportarten« verlassen und in »männliche Domänen« eindringen, bestehen hiergegen aber weder medizinische noch gesundheitliche Bedenken.
Grundsätzlich besteht bei Frauen noch ein erhebliches Defizit an sportlicher Aktivität. Während Mädchen und Jungen in Sportvereinen noch etwa gleich häufig vertrete sind, betragt der Anteil der erwachsenen Frauen im Sportverein nur 25 %, obwohl sie mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Erst wenn sie dann von familiären Zwangen befreit werden, erweisen sie sich im höheren Lebensalter durchaus wieder als das dominierende Geschlecht im Sport. Dass es überwiegend die gesellschaftlichen Bedingungen sind, die Frauen vom Sport abhalten, zeigt der Erfolg der Fitnessstudios. Hier kann außerhalb der üblichen Vereinszeiten trainiert werden, so dass die Frauen sich aussuchen können, wann sie hingehen mochten. Diese Studios werden inzwischen vor allem von Frauen bevorzugt.
Zur Frage, ob Frauen während der Menstruation Sport treiben sollten, kann festgestellt werden, dass die Regelblutung die körperliche Leistungsfähigkeit keineswegs grundsätzlich behindert. Es gibt sogar Spitzensportlerinnen, die während der Regelblutung ein Leistungshoch erreichen. Allerdings kann auch das umgekehrte Phänomen beobachtet werden. Ein Aussetzen mit dem Sport während der Regel ist nicht erforderlich. Auch eine Schulsportbefreiung sollte nur bei außergewöhnlich starken Beschwerden während der Regel als Ausnahmefall erfolgen.
Wenn Frauen Leistungssport treiben, können spezifische Probleme auftreten: Durch die hochintensive Belastung, ganz besonders im Ausdauerbereich, wird der Hormonhaushalt der Frau beeinflusst. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass bei Leistungssportlerinnen häufig die Regelblutung ausbleibt! Das bedeutet jedoch nicht, dass sie in dieser Zeit keine Kinder empfangen können. Manche Kinder von Sportlerinnen verdanken ihr Leben dem Irrtum der Mutter, sie sei wegen des Ausbleibens der Regelblutung nicht empfängnisfähig! Es gibt Langläuferinnen, die an Marathonlaufen teilgenommen haben und schwanger waren, ohne dies zu wissen! Dieser vorübergehende Verlust der Regelblutung wird von vielen Sportlerinnen nicht unbedingt als negativ angesehen, da sie hierdurch in ihrem Trainingsablauf weniger gestört werden. Nach Beendigung des Leistungssports normalisieren sich diese Funktionen wieder.
Mit den Hormonverschiebungen geht auch die Tendenz zur Knochenentkalkung (Osteoporose) einher, wie sie auch bei Frauen in den Wechseljahren auftritt. Das heißt, dass bei Leistungssportlerinnen eine Neigung zu vermehrten Knochenbrüchen besteht, bis hin zu Brüchen, die ohne äußere Einwirkung auftreten, etwa der »Ermüdungsbruch«. Das sind Bruche, die lediglich mit »Materialermüdung« begründet werden können. Es ist bisher noch nicht wissenschaftlich genügend abgeklärt, ob die vermehrte Knochenentkalkung bei Spitzensportlerinnen Folge des Sports an sich oder Konsequenz einer nicht ausreichenden Ernährung ist. Frauen, die Leistungssport vor allem im Ausdauerbereich betreiben, sollen daher ganz besonders auf eine hinreichende Zufuhr von Milchprodukten (Milch, Käse, Joghurt, Quark) achten, um für ein ausreichendes Kalkangebot zu sorgen.