Die Folsäure gehört zur Gruppe der wasserlöslichen B-Vitamine. Auf Folsäure wurde man aufmerksam, als vor etwa 75 Jahren bei indischen Frauen herausgefunden wurde, dass bestimmte Anämien (Blutarmut) in der Schwangerschaft durch Hefeextrakte, die reich an Folsäure waren, geheilt werden konnten. Die Erstbeschreibung von Folsäure erfolgte dann 1941, wobei für die Isolation des Vitamins 4 Tonnen Spinatblätter verwendet wurden. Dies erklärt auch seinen Namen, „folium“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Blatt.
Folsäure wird für die Teilung und Neubildung von Zellen benötigt. Aus diesem Grund betrifft ein Mangel an Folsäure vor allem Gewebezellen, die eine hohe Teilungsrate aufweisen. Dazu gehören rote und weiße Blutzellen sowie die Schleimhäute des Magen-Darm- und Harntraktes. Wegen der stimulierenden Wirkung auf die Zellen ist Folsäure sehr wichtig in der Schwangerschaft für die Entwicklung des Embryos. Es besteht Einigkeit darüber, dass eine ausreichende Folsäureversorgung in der Frühschwangerschaft das Risiko für schwere Fehlbildungen des Kindes – wie etwa Spina bifida oder auch „offener Rücken“ genannt – verringern kann.
Eine ausreichende Folsäureversorgung scheint auch wichtig zu sein, um das Risiko, an Arteriosklerose, also Arterienverkalkung, zu erkranken, zu verringern. Dies wird durch folgenden Mechanismus erklärt: Zusammen mit den Vitaminen B6 und B12 beschleunigt Folsäure den Ab- oder Umbau von Homocystein, einer potentiell giftigen Aminosäure, und führt damit zu einer Verminderung des Homocysteinspiegels. Bei einem Mangel an Folsäure ist der Homocysteinspiegel im Blut daher erhöht. Derzeit besteht bei Wissenschaftlern weltweit Einigkeit darüber, dass Menschen mit einem hohen Homocysteinspiegel ein erhöhtes Risiko haben, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden oder an Thrombosen zu erkranken. Zu einer Erhöhung des Homocysteinspiegels kann neben einem Folsäuremangel auch ein Vitamin B12-Mangel führen, der am häufigsten bei älteren Menschen mit einer atrophischen Gastritis (Untergang der Magenschleimhaut) vorkommt.
Zahlreiche Studien zeigen ferner einen Zusammenhang auf zwischen einer unzureichenden Folsäureversorgung und dem Risiko, an Dickdarm- und Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Frühsymptome eines Folsäuremangels sind Müdigkeit, Vergesslichkeit und depressive Verstimmung. Dies erklärt die wichtige Rolle von Folsäure für neurologische Prozesse. Es konnten einige Studien zeigen, dass ein Folsäuremangel möglicherweise zu einer Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen im Alter führt (so genannte „Altersdemenz“) und auch bei depressiven Störungen beteiligt ist. So konnte etwa ein statistisch nachweisbarer Zusammenhang zwischen einer geringen Folsäureversorgung und der Schwere der Hirnatrophie (Atrophie = Gewebeschwund) festgestellt werden.
Folsäurereiche Lebensmittel sind:
• bestimmte Gemüsearten wie Brokkoli, Rosenkohl, Spinat und Spargel
• Hülsenfrüchte wie Linsen, Erbsen und Bohnen
• Getreideprodukte aus Vollkorn, vor allem Weizenkleie und Weizenkeime
• Innereien wie Leber und Nieren
• Eigelb
• frischer Orangensaft
Fleisch und Fisch enthalten dagegen geringere Mengen an Folsäure. Folsäure reagiert empfindlich auf Luftsauerstoff, Licht und Hitze. Außerdem geht durch Lagerung und Zubereitung (etwa Kochwasser) von Lebensmitteln viel Folsäure verloren. Aus diesem Grund sollte man frische Gemüse und Salate verwenden und schonend zubereiten.
Während die Aufnahme zahlreicher anderer Vitamine in den Industrieländern ausreichend ist, sind relativ viele Menschen mit Folsäure nicht optimal versorgt. Die empfohlenen 400 Mikrogramm Folsäure für die tägliche Zufuhr bei Jugendlichen und Erwachsenen werden nur selten erreicht. Der Hauptgrund für diese unzureichende Versorgung ist eine Ernährung mit zu wenig Gemüse und Vollkornprodukten. Aus diesem Grund ist die Folsäureversorgung von Vegetariern in der Regel gut.
Fazit:
■ Regelmäßiger Verzehr von Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten ist wichtig für eine ausreichende Folsäureversorgung.
■ Gemüse und Obst sollten frisch verzehrt werden.
■ Frauen mit Kinderwunsch und Schwangere sollten unbedingt auf eine ausreichende Folsäureaufnahme achten.
■ Ein Folsäuremangel führt zu einer Erhöhung der Homocysteinkonzentration im Blut. Dadurch wird das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall gesteigert.