Ratgeber

Die Sehnsucht nach dem idealen Körper


Für die Präventivmedizin stellt dieser Teufelskreis eine echte Herausforderung dar. Denn die Einzigen, die am Diätwahn gesunden, sind Fitness und Lifestylemagazine, Verlage mit Diätratgebern und Hersteller von Sportzubehör wie Laufschuhen und Walking-Stöcken. Mit blumigen Versprechen wie »Jeder kann abnehmen, er muss nur wollen!« locken sie die Käufer an. Die Formel für ein gesundes Gewicht ist in der Tat ganz simpel. Sie lautet »weniger Kalorien und mehr Bewegung«. Das Problem ist jedoch:
Ein gesunder Lebensstil wird nicht einfach so umgesetzt. Und das liegt nicht daran, dass das Gros der Menschheit aus phlegmatischen Couch Potatos besteht. Ein Problembewusstsein darüber, was ungesund ist und was nicht, gibt es durchaus. Der Geist vieler Menschen, so lässt sich ja an den Absatzraten von Diätratgebern gut ablesen, ist durchaus willig.
Allein in Deutschland hat jede fünfte Frau zwischen 30 und 60 Jahren laut einer Umfrage der Deutschen Angestellten Krankenkasse aus dem Jahr 2004 schon mehr als fünf Diäten hinter sich. Und nur gerade einmal 10 Prozent der Deutschen schaffen es laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts, regelmäßig Sport zu treiben. Über 80 Prozent der Deutschen – Männer wie Frauen – sind pro Woche weniger als zwei Stunden körperlich aktiv. Tatsächlich klappt das Abnehmen auch, solange die Mittelmeer-, Fettpunkte- oder Glyx-Diät eingehalten wird. Alles ist gut, und die Pfunde schmelzen. Doch nach Abschluss des Programms schnellt die Anzeige auf der Waage rasch wieder nach oben. Der allgemeine Diätwahn scheint also keineswegs zur wirklichen Volksgesundheit beizutragen. Doch woran liegt es, dass die Menschen weiter zunehmen, nicht mit dem Rauchen aufhören, zu viel Alkohol trinken, sich zu wenig bewegen und nicht über effektives Stressmanagement verfügen?
Der Schlüssel, so wissen Neurophysiologen und Psychologen heute, liegt im Gehirn. So sind Essen, Trinken und Bewegen in erster Linie emotional gesteuerte Verhaltensweisen und der Vernunft und dem freien Willen nicht zugänglich. Also essen Menschen – wider besseres Wissen – weiter, was ihnen schmeckt und nicht unbedingt das, was ihnen guttut. Und sie ruhen sich von den Strapazen des Alltags vor dem Fernseher aus, anstatt noch einmal um den Block zu gehen. Schließlich schaden die fetten Rationen, das Glas Bier und das ruhige Leben ja nicht sofort, sondern erst in einer fernen Zukunft. Im Fokus der Wissenschaft stehen deshalb längst nicht mehr nur der Bauch und seine Polster. Konkrete Ursachenforschung findet seit einigen Jahren in unserem Kopf, sprich: im Gehirn statt.
Im Gehirn, und zwar in seinem entwicklungsgeschichtlich gesehen ältesten Teil, der uns noch stark mit unseren Verwandten im Tierreich verbindet, entstehen alle unsere Antriebe und Verhaltensweisen. Gesteuert werden diese unbewussten Prozesse im limbischen System von unseren Gefühlen und unseren Vitalbedürfnissen Essen, Trinken, Schlafen, Bewegen, Entspannen. Damit bestätigen Hirnforscher Hypothesen, mit denen Psychologen und Psychoanalytiker schon längst arbeiten: Auch wenn wir zutiefst von unserer Vernunft und unserem Willen überzeugt sind, beruhen unsere Entscheidungen nie auf rationalen Kriterien, sondern auf der Funktion eines bestimmten angeborenen und höchst individuellen Motivations- und Emotionssystems. Wir nennen es die limbische Prägung oder den Life-Code. Dieser bestimmt nicht nur unsere Persönlichkeit bis zu einem gewissen Grad, sondern auch die Stärke unseres Immunsystems, unseres Stoffwechsels und unser Verhalten bei Stress, unser Ess und Trinkverhalten, Bewegungsvorlieben sowie ganz allgemein die Art und Weise, wie wir unsere Vitalbedürfnisse befriedigen. Das heißt nichts anderes, als dass wir durchaus bewusst eine Änderung in unserem Leben oder an unserem Verhalten beschließen, wie beispielsweise regelmäßiges Jogging, bevor wir ins Büro gehen. Passt dieses Programm jedoch nicht mit unserem Life-Code zusammen, der genau vorgibt, was uns liegt und am ehesten unserem inneren Motivations- und Belohnungssystem entspricht, so ergibt die ganze Rennerei keinen Sinn und ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt.

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