Ratgeber

Der feine Unterschied zwischen Sättigung und Sattheit


Sättigung und Sattheit sind wichtige Komponenten des Energiehaushalts und damit der Gewichtsregulation. Sättigung ist ein kurzfristiger Mechanismus, der dazu führt, dass die Nahrungsaufnahme bei einer Mahlzeit beendet wird, während die länger andauernde Sattheit durch die Häufigkeit der Mahlzeiten im Laufe eines Tages bestimmt wird. Sättigung wird vor allem durch die Magendehnung und die Freisetzung von Sättigungshormonen im Magen-Darm-Trakt ausgelöst.
Diese Informationen werden an die zentrale Steuerungsstelle für die Nahrungsaufnahme im Hypothalamus (ein Gebiet im Gehirn) weitergeleitet. Von dort geht es weiter in Hirnareale, über die wir das Gefühl der Sättigung wahrnehmen. Sattheit wird insbesondere durch das Leptin, ein Hormon des Fettgewebes, vermittelt. Der Grad der Sättigung kann durch Abschätzen der Größe einer verzehrten Mahlzeit bestimmt werden. Sattheit hingegen wird in der Regel durch die Zeit, die zwischen dem Verzehr zweier Mahlzeiten liegt, beurteilt.
Ein Ansatzpunkt in der Therapie des Übergewichts besteht darin, das Hungergefühl medikamentös zu unterdrücken. Das führt zwangsläufig zu einer verminderten Energiezufuhr und damit langfristig zum Gewichtsverlust. Jedoch sind auch andere nichtmedikamentöse Möglichkeiten vorhanden, um beispielsweise das Sättigungsgefühl zu verstärken. Dies kann etwa durch das Verzehren von Speisen mit niedrigem glykämischen Index erfolgen.
Jedoch spielen auch sensorische Faktoren im Mundbereich – wie die Berührung der Mundschleimhaut durch die Nahrung sowie Geschmack und Geruch – eine wichtige Rolle bei der Sättigung. Studien konnten zum Beispiel zeigen, dass durch ein längeres Kauen und langsameres Essen ein stärkeres Sättigungsgefühl ausgelöst wird, als das der Fall ist, wenn zerkleinerte Speisen unter Umgehung des Mundes durch eine Magensonde direkt in den Magen geleitet werden. Des weiteren ist eine gewürzte Speise sättigender als eine identisch zusammengesetzte, jedoch nicht gewürzte Mahlzeit. Aus diesen Beobachtungen ist abzuleiten, dass die sensorische Komponente der Nahrung einen entscheidenden Einfluss auf Sättigung und das nachfolgende Essverhalten hat. Bei einer Studie an 24 gesunden jungen Frauen wurde untersucht, ob ein ausschließlicher Kontakt der Speise mit dem Mund ausreicht, um Sättigung auszulösen. Zu diesem Zweck wurden die Versuchspersonen nach Zufallsauswahl in drei Gruppen unterteilt. Die erste Gruppe („Nur Geschmack“) bekam ein süß schmeckendes Energie(Kalorien)- reiches Getränk; sie durfte aber nur daran schlürfen und musste danach die Flüssigkeit wieder komplett ausspucken. Die zweite Gruppe („Geschmack und Verzehr“) bekam das gleiche Getränk und musste es komplett austrinken. Die dritte Gruppe (Kontrollgruppe) bekam dagegen nur geringe Mengen Wasser zu trinken.
Im Anschluss an diese erste Testphase durften alle Testpersonen bei einem Mittagsbüfett nach Belieben essen. Dabei wurde genau notiert, wie viel und was von den Studienteilnehmern gegessen wurde. Die Auswertung der Untersuchung zeigte, dass die Kontrollgruppe, die ja nur Wasser getrunken hatte, erwartungsgemäß deutlich mehr beim anschließenden Mittagessen aß. Interessant war jedoch, dass es zwischen der ersten („Nur Geschmack“) und zweiten („Geschmack und Verzehr“) Gruppe keinen Unterschied bezüglich Menge und Energiegehalt des verzehrten Mittagessens gab. Außerdem waren die Personen, die nur schmecken durften, vor dem Mittagessen auch nicht hungriger als diejenigen, die das energiehaltige Testgetränk konsumiert hatten.
Diese Ergebnisse sind ein bemerkenswerter Hinweis dafür, dass nur durch die Stimulation der Sinneszellen im Mund (Geschmacksund mechanische Reizung) ein Sättigungsgefühl ausgelöst werden kann. Die Gründe für diese Beobachtung sind noch rein spekulativ, denkbar ist allerdings zum einen eine direkte Aktivierung der Sattheitszentren im Gehirn oder eine durch Nervenreize hervorgerufene Freisetzung von Sättigungshormonen im Magen-Darm-Trakt. Seit den klassischen Versuchen (Konditionierungsreflexe) von Ivan Pavlov ist ja bekannt, dass allein durch psychologische Komponenten wie Vorfreude auf eine Speise oder auch Anblick, Geruch und Geschmack eines Essens der Magen Darm-Trakt durch Nervenreize aktiviert werden kann. Dies dient vor allem als Vorbereitung für die eintreffende Mahlzeit. Über diese nervliche Aktivierung könnten daher möglicherweise auch Substanzen, die Sättigung hervorrufen, freigesetzt werden.

No products in the cart.