Ratgeber

Auswärts essen

Auswärts essen kann das schnelle Essen nebenan bedeuten, es kann der geplante und heiß ersehnte Restaurantbesuch sein, es kann das zur Routine gewordene Geschäftsessen meinen, aber auch ein Essen, das man während eines unfreiwilligen Krankenhausaufenthaltes serviert bekommt. Klar ist, dass wir uns heute vielfach nicht mehr aussuchen können, wo wir essen. Dies zeigt sich an stark zunehmenden Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung, so der Fachausdruck für Betriebskantinen und den Verköstigungseinrichtungen in Schulen, Heimen und anderen Institutionen. Etwa 5 Millionen Beschäftige in Deutschland und etwa 1,5 Millionen Beschäftige in Österreich werden täglich in einer betrieblichen Einrichtung mit ihrer Hauptmahlzeit versorgt. Dies macht den Großteil der außer Haus verzehrten Mahlzeiten aus. Erst danach kommt die Versorgung in Gaststätten und Restaurants. Ein Rest von etwa 25 % verteilt sich auf Heime, Anstalten und Ausbildungsstätten. Die Angaben variieren zwar stark, doch insgesamt dürften rund 30 % der österreichischen Bevölkerung regelmäßig Mahlzeiten außer Haus zu sich nehmen. Dabei gibt es klassische „Imageprofile“. Gaststätten und Restaurants haben oder bemühen sich zumindest um das Image einer guten Küche, während dies bei Großküchen von Betrieben und Anstalten oft vermisst wird. Während die Gaststätten und Restaurants als die Orte des „gehobenen, außergewöhnlichen Essens“ angesehen werden, gelten Betriebskantinen und Ähnliches noch immer als Paradebeispiel für „gewöhnliches, alltägliches“ Essen. Doch hier wie dort gibt es ein enorm breites Spektrum an Qualität. Sie reicht von tatsächlich minderwertiger Kost bis hin zum Großküchenangebot, dass sich mit der Qualität gehobener Restaurants durchaus messen kann. Bemerkenswert ist auch der Bericht Georg Frischs über die Versorgung in der Gemeinschaftsverpflegung. Darin kommt er zum Schluss, dass die Ernährungsempfehlungen des D-A-CH-Verbandes (Gesellschaften für Ernährung in Deutschland (D), Österreich (A) und der Schweiz (CH)) in der Gemeinschaftsverpflegung nicht erreicht werden können. Ob dies daran liegt, dass die Betreiber von Kantinen sich besonders zu einem konventionellen Speisenangebot verpflichtet fühlen? Sicherlich ist es ein Hinweis darauf, dass in der Gemeinschaftsverpflegung noch neue Wege einer Verbesserung gesucht werden müssen. Die tatsächlich nachweisbare oder behauptete mangelnde Qualität wird von Herstellern diverser Nahrungsergänzungsmittel jedoch ausgiebig dazu verwendet, ihre Präparate anzupreisen. Wenn wir also bei den täglichen Hauptmahlzeiten nicht ausreichend mit den notwendigen Nährstoffen versorgt werden können, sollten wir doch noch Präparat X und Y zu uns nehmen. So lautet die Schlussfolgerung, anstatt eine gesunde Verköstigung einzufordern.
Ein wesentlicher Grund, warum immer häufiger außer Haus gegessen wird, ist die Änderung der klassischen Familienstruktur – sei es durch den Anstieg der Singlehaushalte und Kleinfamilien oder durch berufs- bzw. schulbedingte Abwesenheit von Familienmitgliedern. Kochen für die Familie verliert zunehmend an Bedeutung. Häufig sind die dafür notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten gar nicht mehr vorhanden. In vielen kleinen Haushalten fehlen aus organisatorischen Gründen die Zutaten. Kochen für sich allein ist nicht nur emotionell schlecht besetzt, es ist tatsächlich auch zeitlich und wirtschaftlich aufwändig. Essen außer Haus bietet für diese Menschen viel mehr Möglichkeiten, Speisen nach Lust und Geschmack auszuwählen.
Der Charakter des Essens
Essen vollzieht sich mehr und mehr als „Begleit-” oder gar „Hintergrundtätigkeit”. Das hat vielerlei Gründe. Nine-to-five Jobs werden seltener, unregelmäßige Arbeitszeiten und ein Zeitplan, in dem selten drei Mahlzeiten pro Tag wirklich eingeplant werden können, bestimmen die Arbeitswelt und unser Essverhalten ebenso wie die Veränderung in der Familienstruktur. Geschäftsessen und der Restaurantbesuch mit Freunden/Familie ersetzen die Mahlzeiten am Familientisch. Diese Gegebenheiten haben positive Aspekte, aber sie bergen auch Gefahren. So ist es beim Essen zwischendurch schwierig, die richtige Dosis zu finden. Häppchenesser „erledigen” die Nahrungsaufnahme häufig nebenbei. Selten wird bewusst und mit Genuss gegessen. Hunger und Sättigungsgefühl werden dabei wenig Beachtung geschenkt. Da kann es sehr leicht passieren, dass man in Summe mehr isst als z.B. bei einer ganzen Menüfolge, sich aber dennoch kein Gefühl von Sättigung einstellt. Andererseits bieten kleine Mahlzeiten zwischendurch auch die Möglichkeit, bewusst Abwechslung in den Speiseplan zu bringen (z.B. mit Obst und Gemüse der Saison) und die Mengen selbst zu bestimmen. Marianne, die sich mal bei uns meldete, hat die Veränderung so zusammengefasst: „Ich wollte von dem schweren und vielen Essen mit regelmäßig drei Gängen zu Hause weg kommen und habe mir gedacht, mich mit den kleineren Happen außer Haus besser zu ernähren. Ich habe zwar mengenmäßig weniger gegessen, aber ich bin bei Burgern, Pommes und anderen Snacks gelandet und habe mich immer gewundert, warum ich nicht abnehme!“
In manchen Haushalten sind außer Kaffee, ein paar Getränken und Naschereien nur fragmentarische Lebensmittelansammlungen anzutreffen, über deren weiteres Schicksal die zufällige Verwertbarkeit entscheidet. Eine Grundausstattung an Lebensmitteln, die jederzeit die Zusammenstellung eines Menüs ermöglichen würde, sucht man jedenfalls vergeblich. Dies ist aber nicht unbedingt Zeichen schlechter Esskultur. Nur das zu kaufen, was gerade wirklich benötigt wird, hat sicher qualitative Vorteile. Und auswärts zu essen bietet eine Möglichkeit, jederzeit vielseitig zu essen. Umgekehrt kann man aber bei der Außer-Haus-Verpflegung auf die Zusammensetzung der Speisen nur begrenzt Einfluss nehmen. Für diejenigen, die selbst nicht kochen und auch nicht über Zutaten und Rezepturen bestimmter Gerichte Bescheid wissen, kann es mitunter schwierig sein, aus dem Angebot die richtige Wahl für eine gesunde Speise zu treffen. Und gerade, wenn der “Außer-Haus-Verzehr” einen großen Teil der Ernährung ausmacht, ist die richtige Auswahl ein im wahrsten Sinne des Wortes „gewichtiger“ Faktor.
Neben der Auswahl ist es auch noch die Qualität der Zubereitung, die sich außer Haus zum Guten oder Schlechten wenden kann. Lange in Büffets oder Kantinen gewärmte Gerichte sind sicherlich in Geschmack und Nährwert reduziert. Aber auch zu Hause geht es oft nicht anders, als Gerichte aufzuwärmen. Aufwärmen ist aber sicher die – im Vergleich zum Warmhalten – bessere Alternative. Ein Lokal, das sich durch Massenabfertigung kennzeichnet, kann auf Grund des raschen Absatzes keine lang gewärmten Speisen anbieten und daher unter Umständen noch Vollwertigeres anbieten als ein kleiner Laden mit nur wenigen Gästen. Eine bei gleichmäßiger (und vor allem mäßiger) Temperatur frittierte Speise, wie sie in der Gastronomie erwartet werden sollte, ist sicher der Vorzug zu geben vor einem Stück aus der Bratpfanne, das sich in den Händen eines Nichtgeübten überhitzt hat. Gewürze, die außer Haus nur sehr mit Vorbehalt eingesetzt werden können, können zu Hause nach Belieben dosiert werden. So bietet also sowohl das Essen zu Hause als auch auswärts ganz spezifische Vorteile, und auswärts zu essen ist eine Möglichkeit, die Qualität der Ernährung zu steigern oder zu senken. Man sollte die speziellen Möglichkeiten, die jede dieser Ernährungsweisen bietet, auch nützen!

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