Ratgeber

Alkohol ist immer noch eines der größten Gesundheitsrisiken… oder nicht?!

Wenn Sie schon immer gern ein Schöppchen Wein getrunken oder mal ein lecker Pils gezischt haben, dürfen Sie jetzt erleichtert aufatmen und sich gleich eins genehmigen. Nach jahrzehntelangem erbittertem Kampf gegen den Gesundheitsfeind Nr. l, den Teufel Alkohol, müssen Arzte und Ernährungsexperten nun zähneknirschend zugeben, dass sie sich in einem ganz wesentlichen Punkt geirrt haben: Alkohol erhöht nämlich entgegen allen Prognosen die Lebenserwartung. Kaum ein vermutetes Gesundheitsrisiko wurde so intensiv untersucht wie der Alkohol. An die 100 wissenschaftliche Studien aus den vergangenen 30 Jahren belegen, dass Menschen, die regelmäßig in Maßen Alkohol trinken, durchschnittlich gesünder sind oder länger leben als diejenigen, die auf Alkohol verzichten.
Berühmtestes Beispiel ist die Augsburger MONICA-Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO. Bei den männlichen Teilnehmern fanden die Forscher die höchste Lebenserwartung, wenn diese täglich 20-40 Gramm Alkohol zu sich nahmen; damit lägen eine halbe Flasche Wein am Tag oder eine Maß Bier wieder im Rahmen des Vertretbaren. Bei Frauen waren die förderlichen Mengen um die Hälfte niedriger.
Erst bei über 80 Gramm pro Tag war die Sterblichkeit der Abstinenzler erreicht – das entspricht immerhin einer Flasche Wein. Verständlich, dass die Experten bei solchen Ergebnissen erschüttert waren und (ausnahmsweise) an sich selbst zweifelten. Natürlich wollte sich niemand vorwerfen lassen, dem Alkoholismus Vorschub zu leisten. Zumal die Menge an Alkohol, die sich in den Studien als die gesundheitsförderndste herauskristallisiert hatte, bei vielen Fachleuten für Suchterkrankungen schon als sicheres Zeichen einer Abhängigkeit gewertet wird. Aber die Erkenntnisse zur positiven Wirkung des Alkohols dürfen als gesichert angesehen werden. Viele der durchgeführten Studien waren prospektiv angelegt, das heißt, die Teilnehmer wurden über Jahre hinweg wissenschaftlich begleitet und nicht etwa einmal rückblickend (retrospektiv) zum Konsumverhalten vergangener Jahre befragt, was eine erhebliche Unsicherheitsquelle darstellt. Auch die Zunahme von Lebererkrankungen bei steigender Alkoholzufuhr ändert nichts am Trend. Denn gleichzeitig nehmen andere, häufige Krankheiten – vor allem Herzinfarkt und Schlaganfall – ab, und das in viel größerem Ausmaß. Die positiven Wirkungen des regelmäßigen Alkoholkonsums überwiegen in aller Regel seine negativen Begleiterscheinungen.
Dass diese Ergebnisse auf Unverständnis stoßen, hängt wohl auch damit zusammen, dass sich viele Experten einfach nicht vorstellen können, auf welchem biochemischen Weg der Alkohol seine nützlichen Effekte ausübt. Schließlich hat sich die Forschung der letzten Jahrzehnte darauf beschränkt, ausschließlich mögliche Schadwirkungen zu verfolgen. Doch paradoxerweise ist die Naturheilmedizin ohne Alkohol fast undenkbar. Ohne ihn gäbe es keine Phytotherapie, erst durch ihn stehen die Wirkstoffe aus Heilpflanzen dem Organismus zur Verfügung. Vielleicht erklärt der Tatbestand, dass Alkohol die schwer resorbierbaren sekundären Pflanzenstoffe bioverfügbar macht, seine protektive Wirkung. Für diese Hypothese spricht, dass die Vorteile des Alkohols nur bei regelmäßigem Konsum nachweisbar sind – das berühmte Glas Wein oder Bier zum Essen oder danach -, sie fehlen aber bei Aufnahme des Quantums durch Trinkgelage.
Unbestritten ist, dass die Schäden, die durch Alkoholabhängigkeit und -missbrauch entstehen, nicht verschwiegen oder bagatellisiert werden dürfen. Was jedoch in der öffentlichen Diskussion fehlt, ist eine vorurteilsfreie Darstellung der Datenlage. Der Alkohol ist zweifellos janusköpfig – auf der einen Seite steht die Sucht und auf der anderen die Lebensverlängerung. An ihm wird deutlich, was auch für viele andere Lebensmittel und ihre Inhaltsstoffe gilt: Was dem einen nützt, kann dem nächsten bereits schaden – und umgekehrt. Trotz der unbestreitbaren Vorteile sollte man also niemanden zum Trinken von Alkohol nötigen, der ihn nicht mag, denn bislang ist nicht bewiesen, dass auch Abstinenzler vom Alkohol profitieren würden.

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